Die Digitalisierung rückt den Menschen in den Mittelpunkt
Die Digitalisierung rückt Kund:innen, Bürger:innen und ganz allgemein Menschen in den Mittelpunkt des Handelns. Der Grund ist, dass transaktionsorientierte Vorgangsarbeit zunehmend automatisiert wird. Daraus folgt, dass die Arbeit mit Menschen an Bedeutung gewinnt. Vereinfacht gesagt verändert sich immer mehr quantitative Arbeit in qualitative Arbeit.
Wenn wir die Menschen, also Mitarbeiter:innen, Bürger:innen und Unternehmen ins Zentrum rücken, dann kreist das Verwaltungshandeln um die Menschen. Es entstehen neue und andere Fragen.
Von der Aufgabenorientierung zur Nutzerorientierung
Was passiert, wenn wir konsequent die Nutzenden der Verwaltungsleistungen in den Mittelpunkt des Handelns setzen? Wir glauben, dass sich dann auch unser Denken über Abläufe und Prozesse ändert.
Hier sind ein paar Beispiele:
- Wie erfahren wir von den Nutzenden, was wirklich wichtig ist?
- Wie können wir unseren Service dauerhaft verbessern?
- Welchen Service bieten wir an, welchen Service beziehen wir nur?
- Welche Elemente unserer Service-Erbringung sind Verschwendung, welche sind wertstiftend?
Kurz gesagt, das Denken ändert sich von einer Ablauforientierung zu einer Ergebnisorientierung! Wenn wir uns auf die Nutzen konzentrieren und Ballast abwerfen, dann generieren wir eine schlankere und effektivere Verwaltung.
Was ist ein Projekt und was ist ein Service?
Projekte sind sinnvoll, um gezielt eine Veränderung zu bewirken oder überhaupt erst einmal eine neue Lösung zu erarbeiten. Sie sind aber kein Allheilmittel. Wenn man sich auf einen Zieltermin, die Kosten und den Personaleinsatz fixiert, können Probleme entstehen. Im schlimmsten Fall wird die Planungs- und Budgettreue höher bewertet als der faktisch erzielte Nutzen.
Ein Service dient dahingegen dem Zweck, Bedürfnisse zu befriedigen. Er wird durch einen ständigen Qualitätszyklus verbessert und damit auf Dauer erbracht und immer weiter verbessert. Das gilt letztlich auch für jede Verwaltungsleistung.
Das Denken in einer kontinuierlichen Verbesserung von Dienstleistungen ist insbesondere bei Digitalprojekten wichtig. Vereinfacht können wir sagen, dass Software nie fertig ist. Software bildet immer nur einen momentanen Wissensstand ab. Dieser kann bereits morgen durch neue Erkenntnisse, Technologien oder Gesetze veraltet sein.
Wertschöpfung in der Produktion und der Verwaltungs-IT
Ein anderes Beispiel: Was hat die Produktion eines Autos mit der IT der Verwaltung zu tun? Vordergründig gibt es scheinbar wenig Ähnlichkeiten. Wenn wir aber die Wertschöpfung aus dem Blickwinkel des Nutzens betrachten, gibt es eine ganze Menge an Gemeinsamkeiten.
Schauen wir auf das folgende Schaubild, das eine Gegenüberstellung der Fahrzeugproduktion zur Verwaltungs-IT ist. Sie sehen, dass in der Fahrzeugproduktion eine Wertschöpfungskette aufgebaut wird. Die Produkte haben einen Lebenszyklus und werden von der Bestellung bis zur Lieferung ganzheitlich auf die Bedürfnisse der Kund:innen ausgerichtet. Dieser Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette heißt Ende-zu-Ende-Denken. Übertragen auf die Verwaltung würde das bedeuten: Wir denken von der Antragstellung bis zum Bescheid aus Sicht des Nutzers.
Die Bewertung des Erfolgs der Wertschöpfung erfolgt in der Fahrzeugproduktion durch Messung der Ergebnisse, dem sogenannten „Outcome“.
Die Verwaltung ist aufgabenorientiert: Häufig wird in Einzelvorhaben und Projekten gedacht. Oft gibt es eine isolierte Optimierung auf Abteilungsebene. Eine Bewertung der Prozesse findet, wenn überhaupt, nur hinsichtlich der Kosten und der internen Abläufe statt.
Digitale Lösungen sind immer ein Spiegelbild der Organisation
Wenn die Abteilungen in Silos, Ämtern, Fachbereichen und Zuständigkeiten optimiert sind, dann spiegelt auch die IT diese Situation wieder. Das Ergebnis sind isolierte Fachverfahren, Insellösungen und Teilergebnisse.
Es gibt einen interessanten Zusammenhang zwischen dem Aufbau von IT-Lösungen und der Organisation. Der Informatiker Melvin E. Conway hat bereits 1968 herausgefunden, dass die Architektur der IT immer auch ein Abbild der Kommunikationsstrukturen einer Organisation ist. Dieser Zusammenhang wird als „Conways Gesetz“ bezeichnet und ist empirisch mehrfach belegt.
Auch die Digitalisierung der Verwaltung sollte mehr sein als ein IT-Projekt. Die Digitalisierung rüttelt an der Organisation und fordert auch neue Ideen der Aufbauorganisation:
- Ist der preußische Verwaltungsaufbau und die Bürokratie wirklich die einzig denkbare Organisationsform für eine Verwaltung?
- Wären kleine autonome Einheiten oder Zellen, die sich am Bürgernutzen orientieren, nicht viel sinnvoller?
Hier gibt es ein mögliches spannendes Forschungsthema.
Nachhaltige Digitalisierung erfordert das Denken in Services
Ein reines Denken in Projekten birgt die Gefahr, dass isolierte Einzellösungen entstehen, die in der Bewirtschaftung langfristig teuer sind. Es entstehen kurzfristige Projekte, die nach Abschluss wieder von der Bildfläche verschwinden – ohne dass sie einen wirklichen Nutzen für den Bürger:innen generiert haben. Nutzerorientierte Services bieten dahingegen einen nachhaltigen Service, der Bürger:innen in den Mittelpunkt des Verwaltungshandelns rückt. Agile Methoden, wie Scrum oder Design Thinking, können überdies bei der Gestaltung und Erbringung dieser Services helfen.
Wir beraten Sie gern bei Fragen zum Thema und freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.