E-Government
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16.7.2019

5 Fallstricke bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes

Autor:in
André Claaßen
Deutschlands Verwaltungen werden digitaler! Bis Ende 2022 sollen 575 OZG-Leistungen in 14 Themenfeldern der öffentlichen Verwaltung digitalisiert werden. Die gesetzliche Grundlage dafür ist das bereits im August 2017 verabschiedete Onlinezugangsgesetz (OZG). Obwohl das OZG scheinbar nur das Verhältnis zwischen Bund und Ländern regelt, sind auch die Kommunen gefordert, da diese sehr viele Leistungen im Auftrag von Bund und Land faktisch erbringen. Laut einer Erhebung der KGST sind ca. 500 kommunale Prozesse vom Onlinezugangsgesetz betroffen. Damit Ihre Vorhaben gelingen, stellen wir Ihnen in diesem Artikel 5 Fallstricke vor, die Sie bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes vermeiden sollten. Und keine Sorge: Zu jedem Fallstrick geben wir Ihnen ganz konkrete Tipps, wie Sie diesen umgehen können. Lassen Sie sich überraschen!

Fallstrick 1: Sie überlassen die Umsetzung des OZG Ihrer IT-Abteilung

Die elektronische Bereitstellung von Verwaltungsleistungen klingt zunächst nach einer rein technischen Aufgabe. Das ist ein Trugschluss. Denn die digitalen Verwaltungsleistungen sind in Wahrheit ein umfassendes Veränderungsprojekt mit wichtigen Querbezügen in der Verwaltung. Die Arbeitsweisen der Mitarbeitenden ändern sich, es sind fachliche und gesetzliche Fragen zu klären und Sie werden mit Sicherheit Ihr Personal anders organisieren und qualifizieren.

Wichtiger ist aber Folgendes: Die Bürger:innen und Unternehmen denken nicht in Zuständigkeiten. Sie wollen ein Anliegen möglichst einfach abwickeln. Und wie die Prozesse in Ihrer Verwaltung ablaufen, ist für sie nicht wichtig. Und genau diese Sicht wird auch im Onlinezugangsgesetz unter dem Gesichtspunkt der Nutzerorientierung gespiegelt. Und dafür braucht es ein Team aus verschiedenen Abteilungen, das an einem Strang zieht.

Unser Tipp: Bauen Sie ein starkes Projektteam auf und machen Sie die Umsetzung zur Chefsache

Bauen Sie jetzt ein starkes interdisziplinäres Projektteam auf. Mit „stark“ meinen wir ein Projektteam, das über die erforderlichen Kompetenzen, Ressourcen und Vollmachten verfügt. Wir empfehlen auf Grund der Komplexität auch die Nutzung von agilen Arbeitsweisen, wie bspw. Scrum oder Design-Thinking.

Die Digitalisierung der Verwaltungsleistungen hat Auswirkungen auf die gesamte Organisation. Machen Sie das Thema daher zur Chefsache. Der Verwaltungsvorstand muss in das Projektgeschehen involviert sein. Vergessen Sie den Personalrat nicht. Er ist ein guter Partner in einem starken Projektteam!

Fallstrick 2: Sie haben keine eigenen Prioritäten

Ein Fehler, der immer wieder vorkommt: Sie arbeiten bei der Umsetzung der OZG-Leistungen ohne eigene Prioritäten. Natürlich gibt es schon „vorgefertigte“ Prioritäten. So sind beispielsweise im OZG-Umsetzungskatalog die wichtigsten Leistungen mit der Priorität 1 und 2 aufgeführt. Aber ist es wirklich klug, nur auf diese Prioritäten zu schauen oder sich nur auf die technisch einfachsten Aufgaben zu konzentrieren? Wir sagen nein, denn das ist ein gefährlicher Fallstrick!

Unser Tipp: Schauen Sie auf Ihre eigene Region, denn da liegen Ihre Prioritäten

Keine Verwaltung ist gleich, keine Kommune ist identisch mit der anderen. Das ist keine neue Erkenntnis. Die stärksten Unterschiede haben ihre Ursache in der Historie und der Region.

Daher stellen Sie zunächst folgende Fragen:

  • Was braucht Ihre regionale Wirtschaft?
  • Wo sind Ihre eigenen Stärken und Schwächen?
  • Was brauchen Ihre Bürger:innen und die lokalen Unternehmen zuerst?
  • Welche Branchen sind in Ihrer Region dominant?

So priorisieren Sie genau die Leistungen, die bei Ihnen vor Ort gebraucht werden. Wir schlagen sogar vor, dass Sie die wichtigen Verwaltungsprodukte selbst in die Hand nehmen und sogar die fachlich-technische Umsetzung begleiten, steuern oder mit Partnern selbst umsetzen. Zur Beteiligung gibt es vielfältige Möglichkeiten. Eine wäre das aktive Engagement beim Land oder in einem der Digitalisierungslabore des IT-Planungsrates.

Fallstrick 3: Sie machen alles alleine

Sie sollten unbedingt vermeiden, alles alleine machen zu wollen. Ja, Sie haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht, vielleicht mit Ihrem IT-Dienstleister, vielleicht mit der Nachbarkommune. Es hilft aber alles nichts. Das Vorhaben der Umsetzung der Verwaltungsdigitalisierung ist zu groß. Es geht einfach nicht alleine.

Unser Tipp: Suchen Sie aktiv nach Partner:innen und Netzwerken

Bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes sollten Sie Partner:innen und Netzwerke suchen.

  • Welche Lösungen gibt es vom Land, vom Kreis oder in der Kommune?
  • Wie können wir uns bei neuen Lösungen an Nutzer:innen orientieren?
  • Wer hat bereits Ideen zur Umsetzung der Prioritäten, die für Sie nicht so wichtig sind?
  • Wie können Sie sich mit anderen Kommunen die Arbeit aufteilen?
  • Wie kann interkommunale Zusammenarbeit aussehen? Formal oder als informelles Netzwerk?
  • Gibt es Plattformen, über die Sie sich mit anderen Praktikern austauschen können?

Die Digitalisierung ist kein Projekt, das Sie alleine angehen sollten. Zumindest dann, wenn Sie keine Großstadt sind. Und selbst dann empfehlen wir es nicht.

Fallstrick 4: Ihnen fehlt der Überblick

Der Umsetzungskatalog zum OZG besteht aus einem 270 Seiten starken Dokument. Die einzelnen OZG-Leistungen werden dort beschrieben und jede einzelne aufgeführte Leistung berührt oft mehrere Verwaltungsprozesse. Darüberhinaus ist oft unklar, welche Verwaltungsebene welche Leistung bereitstellt. Als einzelne Behörde hier den Überblick zu behalten, ist sehr schwierig.

Unser Tipp: Erstellen Sie eine eigene Landkarte zum Thema OZG

Komplexe Vorhaben oder Projekte werden verständlicher, wenn diese einmal visualisiert sind. Eine Landkarte ist eine visuelle und schematische Übersicht über ein Vorhaben und kann durch einfache Farben bereits helfen, den Projektfortschritt oder die eigenen Prioritäten klar zu machen. Zur Umsetzung haben wir zwei weitere Tipps:

Fallstrick 5: Ihnen ist das Onlinezugangsgesetz nicht wichtig

Kein Vorhaben, kein Projekt, keine Änderung ist erfolgreich, wenn nicht das Gefühl der Dringlichkeit und Notwendigkeit besteht. Ja, das Onlinezugangsgesetz ist ein Gesetz. Das hilft schon einmal in der Argumentation. Aber motiviert die Umsetzung eines Gesetzes, das noch nicht einmal sanktioniert wird, wirklich?

Wir sind der Meinung, es gibt neben dem gesetzlichen Auftrag weitreichendere Gründe und die müssen klar benannt und kommuniziert werden.

Unser Tipp: Schaffen Sie ein Gefühl der Dringlichkeit

Nutzen Sie den Rückenwind des Onlinezugangsgesetzes, ergänzen Sie das Gesetz durch eigene Argumente und schaffen Sie ein klares Gefühl der Dringlichkeit in Ihrer Verwaltung.

Hier sind Argumente aus unserer Erfahrung, die für Sie hilfreich sein können.

  1. Jeder einzelne eliminierte Medienbruch stärkt den Handel und die Wirtschaft in Ihrer Region. Die digitale und effiziente Verwaltung ist auch Wirtschaftsförderung. Denken Sie dabei an Ihre regionalen Prioritäten und was bei Ihnen vor Ort gerade dringlich ist.
  2. Die Digitalisierung der Verwaltung stärkt die Qualität und Attraktivität Ihrer Behörde als Arbeitgeber Die Digitalisierung schafft dringend notwendige Freiräume für sinnstiftende und qualifizierte Arbeit.
  3. Die Digitalisierung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die uns allen zugutekommt. Wenn die Verwaltung digitaler wird, ziehen alle anderen mit. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung des Standorts Deutschland und auch von Europa.
  4. Und zuletzt ein Argument zum Thema Effizienz: Gerade vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung in der Verwaltung benötigen Sie digitale und effiziente Prozesse. Das Onlinezugangsgesetz ist ein entscheidender Baustein zu einer effizienteren und robusten Verwaltung.

Das Onlinezugangsgesetz ist Ihre persönliche Startrampe

Es gibt für alle eine ganze Menge zu tun und bis zum Jahr 2022 ist es nicht mehr weit. Wir raten Ihnen daher ergänzend zu den Fallstricken vor allem eines: Werden Sie spätestens jetzt aktiv.

Die gute Nachricht ist: Sie fangen nicht bei Null an! In jeder Verwaltung liegen bereits ganz viele Lösungen und Angebote vor. Das ist Ihre Startrampe hin zu einer digitalen bürger- und mitarbeiterfreundlichen Verwaltung. Wir können Sie dabei unterstützen und freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.

Autor:in
André Claaßen
André Claaßen ist Digitalexperte aus Leidenschaft. Der studierte Informatiker hat mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Digitalisierung, IT-Projekten und der Verwaltungswirtschaft. In den letzten Jahren hat er sich auf die Themenfelder Agile Arbeit, Digitale Transformation und Künstliche Intelligenz spezialisiert. Er ist davon überzeugt, dass die Digitalisierung der Verwaltung insbesondere für deren Mitarbeiter eine große Chance ist. Diese erschließt sich vor allem dann, wenn Mitarbeiter, Bürger und Nutzen im Zentrum der Veränderung stehen.
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