Selbstbestimmt im digitalen Raum
Digitale Souveränität bezeichnet selbstbestimmtes Handeln und Entscheiden im digitalen Raum. Sie zielt generell darauf ab, unabhängig von einzelnen Staaten und Unternehmen bei der Beschaffung und Nutzung digitaler Angebote zu sein. Besonders für Behörden bedeutet das, nicht von Interessen anderer beeinflusst zu werden. Eine digital souveräne Verwaltung ist in der Lage, selbstbestimmt über den Einsatz von Software zu entscheiden, sie verantwortungsvoll einzusetzen und weiterzuentwickeln.
Besonderheiten für die öffentliche Verwaltung
Die öffentliche Verwaltung hat ein Interesse daran, Software effektiv und effizient zu nutzen. Durch die Monopolstellung einzelner Anbieter im Markt ist ihre digitale Souveränität jedoch nicht gesichert. Marktbeherrschende, proprietäre Software wirkt mit ihren Lizenzierungsmodellen fremdbestimmt auf die öffentliche Verwaltung ein. Anpassungen von Kundenseite sind oft nicht möglich, Leistungsumfang und Preisgestaltung sind vorgegeben. Komplexe Lizenzierungen zwingen dem Kunden Produkte auf, die dieser nicht benötigt.
Die öffentliche Verwaltung in Deutschland ist zu großen Teilen abhängig von großen Softwareanbietern wie Microsoft. Das schränkt den Handlungsspielraum bei Beschaffung, Entwicklung und Einsatz von Software ein. Für mehr digitale Souveränität muss sich die Verwaltung von Standardangeboten lösen.
Auch der Staat kann auf digitale Souveränität einwirken: Mit dem Projekt GAIA-X bspw. möchte die Bundesregierung eine sichere und vertrauenswürdige Dateninfrastruktur für Europa aufbauen.
Auch die Einrichtung der Bundescloud hat das Ziel, eine sichere, digitale Infrastruktur für die Bundesverwaltung zu schaffen, um darin befindliche Daten von Behörden und Ministerien geschützt zu speichern. Um digitale Souveränität zu erreichen, ist der Staat gefordert, seine Abhängigkeit von ausländischen Technologien zu reduzieren.
Herausforderungen für den Staat
Die Abkehr von großen Systemhäusern und Softwareherstellern kann sicherlich nicht von heute auf morgen erfolgen. Trotz vieler Alternativen im Open Source-Bereich sollte die Migration gut vorbereitet sein. Denn jede Neueinführung von Software ist begleitet von einem hohen Zeitaufwand und Folgekosten. Dennoch sollte der Staat sich der Herausforderung stellen, Sicherheit und Freiheit zu gewährleisten.
Eine Abhängigkeit von globalen Anbietern und Plattformen kann vor allem bei Datenskandalen negative Konsequenzen haben. Behörden haben hier keinen Einfluss auf den Umgang mit den genutzten Daten der Bürger:innen. Deshalb sollte die Verwaltung Zeit und Geld in europäische Lösungen investieren. So schafft eine digital souveräne Verwaltung Vertrauen bei Bürger:innen und Unternehmen.
Eine leistungsfähige öffentliche Verwaltung muss auch im digitalen Raum flexibel und agil handeln können. Dies ist mit Lock-in-Effekten und Abhängigkeiten im Softwarebereich nicht möglich. Sie schränken Möglichkeiten der Gestaltung und Innovation massiv ein.
Abhängigkeiten schrittweise reduzieren
Digitale Abhängigkeiten sollten daher schrittweise reduziert werden. Behörden sollten sicherstellen, dass alle Hersteller, deren Software zum Einsatz kommt, deutsches und europäisches Datenschutzrecht einhalten. Speicherorte sollten außerdem in der EU liegen. Die öffentliche Verwaltung schafft dadurch sichere Infrastrukturen und eine höhere Akzeptanz durch die Bürger:innen.
Damit wird die digitale Souveränität zum wesentlichen Element einer digitalen Daseinsvorsorge: Der Staat stellt Grundbedürfnisse und die Souveränität der Bürger:innen und seiner selbst sicher.
Unabhängigkeit durch Open Source
Freie Software ist ein Grundbaustein für digitale Souveränität. Der Staat muss bevorzugt Open Source-Software einsetzen. Öffentliche Auftraggeber sind gefordert, entsprechende Angebote zu entwickeln oder sie bei Unternehmen zu beauftragen, damit die europäische Open Source-Wirtschaft weiterwachsen kann und in Krisen verfügbare Lösungen bereitstehen.
Der Quellcode von Open Source-Software ist offen, transparent und für jeden einsehbar. Sicherheitslücken oder Bugs werden schnell erkannt und gefixt. Durch die kontinuierlichen Weiterentwicklungen und dem Background der Community ist die Qualität der Software hoch.
Die Datenhoheit liegt immer und ausschließlich bei den Betreiber:innen und nie bei den Hersteller:innen. Das gewährleistet absolute Unabhängigkeit, die geschlossene Systeme nicht leisten.
Offene Standards und Schnittstellen sind ein wichtiger Schritt zu mehr Einsatz von Open Source-Software. Erst wenn an dieser Stelle mehr Flexibilität gegeben ist, scheint auch ein intensiverer Einsatz von OSS realistisch, der die Schaffung digitaler Souveränität erleichtert.
Die publicplan GmbH setzt sich mit einer Gruppe von Experten für ein „Open Source Code Repository“ für die öffentliche Hand ein, um deren digitale Souveränität zu stärken. Mehr Informationen finden Sie in einer Pressemitteilung der Open Source Business Alliance.
Alles rund um digitale Lösungen für die Verwaltung finden Sie auf unserem Blog. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen oder Praxiserfahrungen zur Digitalisierung. Sprechen Sie uns gerne dazu an.