Was hat Sie dazu bewegt, sich intensiv für digitale Souveränität und Open-Source-Lösungen in der öffentlichen Verwaltung einzusetzen?
Kleindiek: Ich bin davon überzeugt, dass digitale Souveränität eine wesentliche Voraussetzung und Bestandteil unserer nationalen Souveränität ist. Es ist eine digital-politische Notwendigkeit, dass wir selbstbestimmt und eigenständig in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland entscheiden können, welche Lösungen wir einsetzen. Damit wir uns nicht abhängig von anderen machen – auch nicht von anderen Staaten oder großen Unternehmen.
Und deshalb bin ich absolut davon überzeugt, dass es gut ist, die Verwaltung in Deutschland beim Einsatz von Open-Source-Lösungen und -Produkten zu unterstützen. Das ist eine der wesentlichen Aufgaben des ZenDiS.
Wie sehen Sie die Rolle von Open-Source-Produkten im Hinblick auf eine unabhängige und sichere digitale Infrastruktur?
Kleindiek: Open-Source-Lösungen und -Produkte sind wesentliche Voraussetzungen und Instrumente dafür, digitale Souveränität herzustellen. Wir müssen mehr Open-Source-Produkte einsetzen, um diese digitale Souveränität zu erreichen – das geht nicht von selbst. Viele öffentliche Verwaltung haben berechtigte Bedenken bei Open-Source-Alternativen. Deswegen müssen wir alternative, attraktive Angebote schaffen und die Verwaltung dabei bestmöglich unterstützen, diese Lösung auch einzusetzen.
Welche Vorteile und langfristigen Potenziale sehen Sie in Open-Source-Software speziell für die öffentliche Verwaltung?
Kleindiek: Ich bin davon überzeugt, dass Open-Source-Lösungen alternativlos sind. Zum einen im Hinblick auf die Kosten, die für den Einsatz entstehen, auch oder gerade im Vergleich zu proprietären Lösungen. Zum anderen gibt es unter Sicherheitsgesichtspunkten keine Alternative zu Open-Source-Lösungen.
Wir sagen immer “No security with obscurity” – das bedeutet, dass es wirkliche Sicherheit nur mit Transparenz und gemeinsamer Entwicklung der Software gibt, gerade nicht mit Geheimniskrämerei. Dies hat man auch deutlich diesen Sommer gemerkt, als es den Vorfall bei Microsoft gab. Es gibt keine Sicherheit, wenn wir nicht volle Transparenz über unsere Produkte und Lösungen haben.
Welche Rolle könnte Open Source in 5 bis 10 Jahren spielen?
Kleindiek: In 10 Jahren wird es deutlich mehr Open-Source-Produkte geben. Wir werden nicht bei den 96 % landen, die Microsoft aktuell in der öffentlichen Verwaltung hat. Aber wir werden ein ausbalanciertes Verhältnis habe. Einerseits weil es überall doch den politischen Willen gibt, Open-Source-Lösungen und -Produkte einzusetzen.
Auf der anderen Seite sollen sich Verwaltungen Unterstützung holen können, wenn sie Open-Source-Lösungen einsetzen möchten. Sie sind nicht auf sich allein gestellt und können auf die Erfahrungen anderer setzen, sich über unsere Open-Code-Plattform austauschen – sowohl in technischer Hinsicht als auch zur Vernetzung und zum Erfahrungsaustausch.
Diese wichtigen Voraussetzungen werden dazu führen, dass wir in 10 Jahren dieses ausgeglichene Verhältnis haben.
Was würden Sie sich für die Implementierung von Open-Source-Lösungen in der Verwaltung wünschen?
Kleindiek: Das ZenDiS ist eine GmbH und darauf angewiesen Aufträge zu erhalten, auch wenn sie im Eigentum des Bundes und hoffentlich bald auch der Länder liegt. Deshalb wünsche ich mir, dass alle diejenigen, die politische Entscheidungen treffen, auch die notwendigen Prioritäten setzen und sagen: Wir wollen Open-Source-Lösung einsetzen und wollen dafür auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen.
An dieser Stelle möchten wir uns bei Herrn Dr. Kleindiek für das Interview im Rahmen des Anwendertags 2024 bedanken.