Open Source
Vom:
23.6.2023

Open Source per Gesetz? Hoffentlich bald Realität in der digitalen Verwaltung

Autor:in
Dr. Christian Knebel
Open-Source-Software findet erstmals Vorrang im Gesetzentwurf der Neufassung des Onlinezugangsgesetzes. Für unsere zukunftsfähige digitale Verwaltung ist das wichtig. Die zukünftige Rolle von Open-Source-Software in öffentlichen IT-Projekten bietet viele Chancen.

Zuletzt haben wir hier schon einen ersten Blick auf die Neufassung des Onlinezugangsgesetz (OZG) geworfen – einem der zentralen Regelungsrahmen für die digitale Transformation und Weiterentwicklung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland – besonders auf Leistungen für die Wirtschaft geschaut. Heute möchten wir noch einmal die Lupe zur Hand nehmen und ganz genau auf einen wichtigen Aspekt im Entwurf für das geplante „OZG 2.0“ blicken: Die zukünftige Rolle von Open-Source-Software in öffentlichen IT-Projekten.

Vorrang für Open Source: Erstmals im Gesetz(-entwurf) verankert

Die gute Nachricht direkt zu Beginn: Im aktuellen Kabinettsentwurf für das OZG 2.0 ist ein Meilenstein erreicht – Open-Source-Software soll gestärkt werden und ist erstmals explizit im Gesetz benannt. Software mit offenem Quellcode soll, wo immer möglich und sinnvoll, Vorrang vor Lösungen genießen, deren Code nicht frei verfügbar ist und dessen Veränderung oder Weitergabe eingeschränkt ist.

Warum ist dieses Detail im Gesetzentwurf so wichtig?

Open-Source-Software hat entscheidende Vorteile beim Einsatz in der öffentlichen Verwaltung – dazu unten mehr. Umso bedauerlicher war es, dass bislang das Thema etwas stiefmütterlich behandelt wurde.
Zwar hat die Ampelkoalition bereits in ihrem Koalitionsvertrag den Vorrang für Open Source festgeschrieben, jedoch blieb es in der Umsetzung eher bei einem Wunsch als bei verbindlichen Vorgaben. In Strategiepapieren der verschiedenen Planungsgremien tauchte der Aspekt Open-Source-Software teils nur als Randnotiz auf. Das enorme Potenzial, das Open-Source-Software für die Lösung von Herausforderungen in der Digitalisierung der Verwaltung hat, wurde nicht systematisch genutzt.

Auch im ersten Entwurf des OZG 2.0 war Open-Source-Software noch mit keinem Wort erwähnt. Gemeinsam mit unseren Partnern in der Open Source Business Alliance (OSBA) haben wir deshalb Anfang des Jahres daher eine Stellungnahme veröffentlicht. Zudem haben wir uns, wie viele unserer Partner auch, in Gesprächen und Expertenrunden noch einmal dafür stark gemacht, mit den Vorurteilen über Open Source aufzuräumen und Ahnungen mit Wissen auszutauschen.

Open-Source-Software für eine zukunftsfähige digitale Verwaltung

Oft hat Open-Source-Software mit den gleichen Vorurteilen zu kämpfen: Sie sei unsicher, weil der Code offen einsehbar ist und sie sei die vermeintliche „Billig-Lösung“, die kostenlos verfügbar ist, aber dafür nicht so leistungsfähig. Bei beidem ist jedoch das Gegenteil der Fall – und das macht Open-Source-Software zur ersten Wahl für eine zukunftsfähige digitale Verwaltung.

Dadurch, dass der Code von Open-Source-Software offen eingesehen werden kann, ist sie tatsächlich sicherer. Tausende Entwickler:innen nutzen, überprüfen und entwickeln den Code stetig weiter. Etwaige Sicherheitslücken werden so wesentlich früher erkannt und geschlossen als bei proprietärer Software, auf deren Programmcode nur eine einzige Firma Zugriff hat. Das ist besonders relevant, wenn man bedenkt, wie sensibel die Daten von Bürger:innen und Unternehmen sind, die von der öffentlichen Verwaltung verarbeitet werden.

Nicht ohne Grund weltweit im Einsatz

Und tatsächlich ist Open-Source-Software hochleistungsfähig – das merkt man schon daran, dass ein Großteil der gesamten IT-Infrastruktur auf der ganzen Welt auf Open-Source-Software aufbaut.
Der größte Vorteil von Open-Source-Software liegt in ihrer Flexibilität: Den offenen Quellcode kann jede:r auf die Anforderungen eines Projekts genau anpassen. Anpassungen und Erweiterungen werden wieder unter Open Source-Lizenzen gestellt und stehen damit allen zur Verfügung.
Das bedeutet nicht, dass der Einsatz von Open-Source-Software automatisch kostenfrei ist. Denn für die Anpassung auf die besonderen Anforderungen, die Weiterentwicklung und den Betrieb braucht es auch bei Open-Source-Software erfahrene Expert:innen, die sich sowohl mit der Software als auch den spezifischen Anforderungen der Verwaltung auskennen.

Dadurch, dass keine Lizenzkosten an einen großen Softwarekonzern anfallen und Weiterentwicklungen wieder unter offene Lizenzen gestellt werden, kann die öffentliche Verwaltung jedoch enorme Effizienzgewinne erzielen. So müssen beispielsweise 11.000 Kommunen in Deutschland nicht für jede Leistung, die bei ihnen leicht anders ausgeführt wird als in der Nachbarstadt, das Software-Rad neu erfinden. Vielmehr kann auf Open-Source-Lösungen zurückgegriffen werden und diese günstig angepasst werden. Und für bundes- oder landesweit standardisierte Verfahren sind die Effizienzgewinne entsprechend noch höher – freie Software kann mit geringem Aufwand angepasst und nachgenutzt werden.

Es geht auch ums Prinzip: Public Money – Public Code

Open-Source-Software für die öffentliche Verwaltung schafft also mit jedem Projekt neuen, wertvollen Code, der in weiteren Anwendungsfällen genutzt und weiterentwickelt werden kann. Damit schafft Open Source mit den verwendeten Steuergeldern öffentliches Gut, das allen gehört und zugutekommt. Dieser Grundsatz wird in der Forderung „Public Money – Public Code“ zusammengefasst, die immer mehr Fürsprecher findet.

Übrigens: Die Vorteile von Open-Source-Software im Einsatz für die staatliche Verwaltung haben wir bei publicplan schon früh erkannt und setzen bereits seit unserer Gründung im Jahr 2010 auf Open-Source-Software – sogar bevor die Formel „Public Money – Public Code“ Verbreitung gefunden hat.

Wie geht es jetzt weiter?

Wir werden uns selbstverständlich weiter für Open Source in der öffentlichen Verwaltung stark machen – persönlich, als Unternehmen und über Verbände wie die OSBA! Mit der Aufnahme eines Commitments zu Open Source in den Kabinettsentwurf zum OZG 2.0 und das begleitende Maßnahmenpaket der Bundesregierung ist hier ein wichtiger Schritt erreicht. Jetzt heißt es dranbleiben, um Open Source im OZG 2.0 im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch weiter zu stärken. Die OSBA hat bereits eine weitere Stellungnahme dazu veröffentlicht, wo im Entwurf noch nachgeschärft werden muss.

Und selbstverständlich sind wir nicht nur engagiert, wenn es ums Diskutieren geht – mit 13 Jahren praktischer Erfahrung mit Open-Source-Entwicklung für den öffentlichen Sektor stehen wir dem Staat als zuverlässiger Partner zur Seite bei der Konzeption, Umsetzung und Betrieb von digitalen Verwaltungsleistungen, die Bürger:innen, Unternehmen und Verwaltungsmitarbeitenden das Leben einfacher machen.

Interessiert daran, was wir schon alles mit Open-Source-Lösungen umgesetzt haben? Werfen Sie einen Blick in unsere Referenzen!

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